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Grundwissen

Oxidationszahlen

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Oxidationszahlen sind eine wichtige Hilfsgröße bei Redox-Reaktionen. 
  • Oxidationszahlen können anhand der Valenzstrichformel (Lewis-Formel) oder anhand der Summenformel bestimmt werden.  
  • Wenn sich die Oxidationszahlen von zwei verschiedenen Atomen verändern, handelt es sich um eine Redox-Reaktion.  
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Bei einfachen Redox-Reaktionen mit Ionen kannst du anhand der Ladungen leicht erkennen, welches Atom bzw. Ion wie viele Elektronen aufnimmt oder abgibt. Doch es gibt auch zahlreiche Redox-Reaktionen mit Molekülen. Um den Elektronenübergang bei diesen Reaktionen erkennen zu können, ist die Oxidationszahl als Hilfsgröße notwendig. 

Schauen wir uns als Beispiel die Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff zu Wasser an.  

\[ \ce {2H2 + O2} \rightarrow \ce {2 H2O} \]

Wie kann man erkennen, dass es sich bei dieser Reaktion um eine Redox-Reaktion handelt? Dazu benötigen wir die Oxidationszahl. Doch was ist eine Oxidationszahl? 

Die Oxidationszahl ergibt sich, indem ein Molekül hypothetisch in Atom-Ionen zerlegt wird. Dazu werden die Bindungselektronen dem elektronegativeren Atom zugeordnet. Bei gleicher Elektronegativität werden die Bindungselektronen gleichmäßig verteilt. Damit echte Ladungen und Oxidationszahlen nicht verwechselt werden, schreibt man die Oxidationszahl als römische Ziffer über das Elementsymbol.

Wie bestimme ich Oxidationszahlen?

Joachim Herz Stiftung; Nadine Boele
Abb. 1 Bestimmung der Oxidationszahlen am Beispiel eines Wasser-Moleküls

Du kannst die Oxidationszahl der einzelnen Atome eines Moleküls bestimmen, indem du die Valenzstrichformel (Lewis-Formel) betrachtest. Dazu musst du entscheiden, welches Atom an einer Bindung das elektronegativere ist. Diesem werden die Bindungselektronen zugeordnet. Genau wie bei der Bestimmung einer Ionenladung musst du dann vergleichen, wie viele Außenelektronen (Valenzelektronen) das entsprechende Atom im Vergleich zu seinem elementaren Zustand hat. Schauen wir uns das am Beispiel des Wasser-Moleküls an (Abb. 1).

Das Sauerstoff-Atom ist elektronegativer als das Wasserstoff-Atom, weshalb die Bindungselektronen jeweils dem Sauerstoff-Atom zugeordnet werden. Die beiden Wasserstoff-Atome haben bei dieser Verteilung je ein Valenzelektron (=VE) weniger als im elementaren Zustand, also eine negative Ladung weniger. Das entspricht einer positiven Oxidationszahl von \(\ce{+I}\). Das Sauerstoff-Atom hat bei dieser Verteilung statt der \(\ce6\) Außenelektronen im elementaren Zustand \(\ce8\) Valenzelektronen. Das sind zwei Valenzelektronen mehr als im elementaren Zustand, also zwei negative Ladungen mehr,
was einer Oxidationszahl von \(\ce{-II}\) entspricht.

 

Joachim Herz Stiftung; Nadine Boele
Abb. 2 Bestimmung der Oxidationszahlen am Beispiel eines Wasserstoff- und eines Sauerstoff-Moleküls

Beim Sauerstoff- oder Wasserstoff-Molekül (Abb. 2) müssen die Elektronen der Bindungen jeweils gleichmäßig aufgeteilt werden, da es sich jeweils um die gleichen Atome handelt und somit kein Atom elektronegativer ist. Die Atome haben bei dieser Aufteilung genauso viele Valenzelektronen zugeordnet, wie im elementaren Zustand, sodass sich jeweils eine Oxidationszahl von \(\ce0\) ergibt.

Schauen wir uns noch ein etwas größeres Molekül an (Abb. 3.1).

CC-BY-NC 4.0 / Joachim Herz Stiftung; Nadine Boele
Abb. 3.1 Bestimmung der Oxidationszahlen am Beispiel eines Ethanal-Moleküls

Als erstes musst du dir bei jeder Bindung anschauen, welches Atom das elektronegativere ist. Bei den Bindungen zwischen einem Wasserstoff-Atom und einem Kohlenstoff-Atom ist das Kohlenstoff-Atom elektronegativer. Bei der Bindung zwischen dem Sauerstoff-Atom und dem Kohlenstoff-Atom ist das Sauerstoff-Atom elektronegativer. Die Bindungselektronen werden jeweils dem elektronegativeren zugeordnet. Da die beiden Kohlenstoff-Atome die selbe Elektronegativität haben, werden die Bindungselektronen gleichmäßig aufgeteilt. Jetzt musst du dir wieder anschauen, wie viele Valenzelektronen die einzelnen Atome bei dieser Verteilung im Vergleich zum Elementaren Zustand haben:

Abb. 3.2 Bestimmung der Oxidationszahlen am Beispiel eines Ethanal-Moleküls
  C (links, blau dargestellt) C (rechts, grün dargestellt) O H (alle)
VE im Element \(\ce4\) \(\ce4\) \(\ce6\) \(\ce1\)
VE in der Verbindung \(\ce7\) \(\ce3\) \(\ce8\) \(\ce0\)
Oxidationszahl \(\ce{-III}\) \(\ce{+I}\) \(\ce{-II}\) \(\ce{+I}\)

Oxidationszahlen und Redoxgleichungen

In einer Reaktionsgleichung schreibt man die römischen Ziffern über das jeweilige Elementsymbol, wobei sich die Ziffer immer auf ein einzelnes Atom bezieht und keine Summe für die jeweiligen Atome im Molekül angibt.

\[\overset{\color{red}{\pm0}}{\ce{2H2}} + \overset{\color{red}{\pm0}}{\ce{O2}} \rightarrow \overset{\color{red}\ce{+I}}{\ce{2H2}}\overset{\color{red}\ce{-II}}{\ce{0}}\]  

Du erkennst, dass es sich um eine Redox-Reaktion handelt, da sich die Oxidationszahl des Wasserstoff-Atoms (von \(\ce{0}\) auf \(\ce{+I}\)) und des Sauerstoff-Atoms (von \(\ce0\) auf \(\ce{-II}\)) ändern. Die Anzahl der Elektronen, die abgegeben bzw. aufgenommen werden, kann ebenfalls mithilfe der Oxidationszahlen bestimmt werden vgl. Artikel 500.

Oxidationszahl anhand der Summenformel 

Du musst für die Bestimmung der Oxidationszahlen nicht jedes Mal die Valenzstrichformel aufstellen. Es gibt auch Regeln, welche die Bestimmung anhand der Summenformel ermöglichen. Bei der folgenden Liste sind die Regeln immer in der angegebenen Reihenfolge anzuwenden.

  Regel Beispiel 1 Beispiel 2
1.

Die Oxidationszahl von Element-Atomen ist immer \(\ce{±0}\). 

$ \rm \overset{\ce{±0}}{Fe}$ $ \rm \overset{\ce{±0}}{Al}$
2.

Die Oxidationszahl von Atom-Ionen entspricht der Ladungszahl. 

$\rm \overset{\ce{±III}}{Al^{3+}}$ $\rm \overset{\ce{-I}}{Cl^-}$
3. Die Summe der Oxidationszahlen aller Atome in einem Molekül entspricht der Ladungszahl. Ungeladene Teilchen haben die Ladungszahl \(ce{±0}\).  

$ \rm \overset{\ce{+I}}{H_2}$$ \rm \overset{\ce{-II}}{O}$

Summe: 

\(\ce{2⋅+I + −II=0}\)

$ \rm \overset{\ce{+VI}}{S}$$ \rm \overset{\ce{-II}}{O_4^{2-}}$

Summe: 

\(\ce{+VI +4⋅−II = −2}\)

4. 4. Metall-Ionen haben in Verbindungen immer eine positive Oxidationszahl.  $ \rm \overset{\ce{+III}}{Fe_2}$$ \rm \overset{\ce{-II}}{O_3}$ $ \rm \overset{\ce{+I}}{Na}$$ \rm \overset{\ce{-I}}{H}$
5. 5. Die Oxidationszahl der Metall-Ionen der Hauptgruppenmetalle entspricht der Hauptgruppennummer.  $ \rm \overset{\ce{+I}}{Na}$$ \rm \overset{\ce{-I}}{Cl}$ $ \rm \overset{\ce{+III}}{Al_2}$$ \rm \overset{\ce{-II}}{O_3}$
6.

In Verbindungen:

     a. Fluor-Atom: \(\ce{-I}\)

$ \rm \overset{\ce{+I}}{H}$$ \rm \overset{\ce{-I}}{F}$ $ \rm \overset{\ce{+I}}{Na}$$ \rm \overset{\ce{-I}}{F}$
       b. Wasserstoff-Atom: \(\ce{+I}\)

         (Ausnahme: Metallhydride) 

$ \rm \overset{\ce{+I}}{H_2}$$ \rm \overset{\ce{-II}}{O}$ $ \rm \overset{\ce{+I}}{H}$$ \rm \overset{\ce{+V}}{N}$$ \rm \overset{\ce{-II}}{O_3}$
       c. Sauerstoff-Atom: \(\ce{-II}\)

         (Ausnahme: Peroxide & Fluor-Sauerstoff-Verbindungen) 

$ \rm \overset{\ce{+II}}{Cu}$$ \rm \overset{\ce{-II}}{O}$ $ \rm \overset{\ce{+IV}}{C}$$ \rm \overset{\ce{-II}}{O_2}$
       d. Halogen-Atome: \(\ce{-I}\)

         (Ausnahme: Halogen-Sauerstoff-Verbindungen) 

$ \rm \overset{\ce{+I}}{H}$$ \rm \overset{\ce{-I}}{Cl}$ $ \rm \overset{\ce{+II}}{Mg}$$ \rm \overset{\ce{-I}}{I_2}$

 

Anwendung der Regeln zum Bestimmen der Oxidationszahl anhand der Summenformel

Schauen wir uns zwei Beispiele an: 

Wasser: \(\ce{H_2O}\)

Wir suchen uns zunächst die relevanten Regeln, welche am weitesten oben stehen: Regel 3 und 6b. 

Ein Wasserstoff-Atom hat in Verbindungen fast immer die Oxidationszahl \(\rm \ce{+I}\).  $ \rm \overset{\ce{+I}}{H_2}{O}$
Insgesamt sind in der Verbindung zwei Wasserstoff-Atome mit jeweils der Oxidationszahl \(\rm \ce{+I}\) gebunden.  \(\rm \ce{2⋅+I = 2}\)

Die Summe aller Oxidationszahlen ergibt die Gesamtladung des Moleküls. 

Die Oxidationszahl des Sauerstoff-Atoms ist daher \(\rm \ce{-II}\). 

\(\rm \ce{2\qquad\qquad +\qquad \qquad ◻\qquad \qquad    =\qquad\qquad 0}\) 

\(\rm \ce{2\qquad\qquad +\qquad \qquad \textbf{-2}\qquad \qquad     =\qquad\qquad -2}\)

Wasserstoff-Atome     Sauerstoff-Atom                    Gesamtladung 

Die Oxidationszahlen in einem Wasser-Molekül lauten also: $ \rm \overset{\ce{+I}}{H_2}$$ \rm \overset{\ce{-II}}{O}$

 

Dichromat: \(\ce{Cr_2O_7^{2-}}\)

Wir suchen uns zunächst wieder die relevanten Regeln, welche am weitesten oben stehen: Regel 3, 4 und 6c. 

Ein Sauerstoff-Atom hat in Verbindungen fast immer die Oxidationszahl \(\ce{-II}\).  \(\ce{Cr_2}\)$\overset{\ce{-II}}{O_7}{^2}{^-}$
Insgesamt sind in der Verbindung sieben Sauerstoff-Atome mit jeweils der Oxidationszahl  \(\ce{-II}\) gebunden.  \(\ce{7⋅ −II = −14}\)
 

Die Summe aller Oxidationszahlen ergibt die Gesamtladung des Moleküls. 

Die Summe der Oxidationszahlen aller Chrom-Atome ist 12. 

 

\(\ce{-14\qquad\qquad +\qquad \qquad ◻\qquad \qquad    =\qquad\qquad -2}\) 

\(\ce{-14\qquad\qquad +\qquad \qquad \textbf{12}\qquad \qquad     =\qquad\qquad -2}\) 

Sauerstoff-Atome     Chrom-Atome                    Gesamtladung 

Da zwei Chrom-Atome in dem Molekül-Ion gebunden sind, muss die Oxidationszahl noch aufgeteilt werden. 

\(\ce{Cr_2O_7^{2-}}\)

12:2=6
 ⇒ Die Oxidationszahl eines Chrom-Atoms im Dichromat-Ion ist \(\ce{+VI}\).

Die Oxidationszahlen in einem Dichromat-Ion lauten also: $ \rm \overset{\ce{+VI}}{Cr_2}$$ \rm \overset{\ce{-II}}{O_7}{^2}{^-}$

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