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Grundwissen

Die Struktur des Alkohol-Moleküls experimentell bestimmen

Das Wichtigste auf einen Blick:

  • Die Struktur der Alkohol-Moleküle kann experimentell untersucht werden. 
  • Durch die Reaktion von Alkoholen mit einem Alkali-Metall kann der Aufbau des Moleküls untersucht werden. 

Woher wissen wir in der Chemie, wie Moleküle aufgebaut sind? Die Moleküle sind doch so klein, dass wir die Moleküle nicht sehen können. Und dennoch gibt es Möglichkeiten, den Aufbau der Moleküle zu untersuchen. In diesem Artikel werden wir uns zunächst damit befassen, wie wir den Aufbau eines Ethanol-Moleküls sehr einfach in der Schule untersuchen können.

Strukturaufklärung des Ethanol-Moleküls in der Schule

In der Schule gehen wir davon aus, dass wir bereits wissen, dass das Ethanol-Molekül aus zwei Kohlenstoff-Atomen, sechs Wasserstoff-Atomen und einem Sauerstoff-Atom besteht. Überlege nun, welche Moleküle in dieser Zusammensetzung entstehen können. Achte darauf, wie viel Bindungen die jeweiligen Atomsorten eingehen können. Du kannst die Moleküle auch mit Hilfe eines Molekül-Baukastens bauen. 

Beim Ausprobieren wirst du feststellen, dass die Wasserstoff-Atome maximale eine Bindung eingehen können. Das Sauerstoff-Atom kann maximal zwei Bindungen eingehen und die Kohlenstoff-Atome können maximal vier Bindungen eingehen. Wenn du diese Voraussetzungen berücksichtigst, können dabei die folgenden Moleküle (Abb. 1.1-1.2) entstehen:

Doch welche der beiden Strukturformeln ist die richtige? Die richtige Strukturformel können wir mit Hilfe eines Experiments untersuchen.

Reaktion von Ethanol mit Lithium 

CC-BY-NC 4.0 / Joachim Herz Stiftung; Nina Ulrich
Abb. 2 Mögliche Strukturformel zu \(\ce{C2H6O}\)
 
CC-BY-NC 4.0 / Joachim Herz Stiftung; Nina Ulrich
Abb. 3 Mögliche Strukturformel zu \(\ce{C2H6O}\)
 
CC-BY-NC 4.0 / Joachim Herz Stiftung; Nina Ulrich
Abb. 4 Wasser-Molekül

Lithium ist ein Alkali-Metall. Du kennst aus deinem Vorunterricht vermutlich schon die Reaktion von Lithium mit Wasser. Dabei reagiert das Lithium mit dem Wasser und es entstehen Lithium-Ionen, Hydroxid-Ionen und Wasserstoff-Moleküle.

\(2\ \ce{Li}+2\ \ce{H2O}\ \rightarrow \ 2\ \ce{Li+}\ +\ 2\ \ce{OH-}\ +\ \ce{H2}\)

Die Entstehung des gasförmigen Wasserstoffs kannst du durch eine starke Gasentwicklung wahrnehmen. Das Wasserstoff-Gas ist dabei hochentzündlich. Manchmal reicht schon die Energie der exothermen Reaktion aus, damit sich der Wasserstoff entzündet und eine Explosion stattfindet. 

Wenn wir nun Lithium mit Ethanol reagieren lassen, können wir ebenfalls eine Gasentwicklung wahrnehmen. Bei dem Gas handelt es sich auch diesmal um Wasserstoff. Die Reaktion findet allerdings langsamer statt als die Reaktion von Lithium mit Wasser. Doch warum hilft uns das dabei, die Strukturformel des Ethanol-Moleküls zu ermitteln? Schauen wir uns hierfür die beiden möglichen Varianten einmal an und vergleichen die Moleküle mit dem Wasser-Molekül in Abbildung 4.

In der Abbildung 2 siehst du ein Molekül, das aus einem Ethyl-Rest und einer OH-Gruppe besteht. Auch beim Wasser-Molekül haben wir Wasserstoff-Atome und ein Sauerstoff-Atom, die über Elektronenpaarbindungen miteinander verbunden sind.

In der Abbildung 3 haben wir ein Molekül, das in der Mitte des Moleküls ein Sauerstoff-Atom besitzt und an dem sich zwei Methyl-Reste befinden. Auch beim Wasser-Molekül haben wir das Sauerstoff-Atom in der Mitte.

Beide Moleküle haben also Gemeinsamkeiten mit dem Wasser-Molekül. Entscheidend für die Reaktion mit Lithium ist jedoch nicht die Stellung des Sauerstoff-Atoms im Molekül, sondern die OH-Gruppe. Das Lithium-Atom reagiert mit dem positiv teilgeladenen Wasserstoff-Atom aus der OH-Gruppe. Dabei wird das Wasserstoff-Atom reduziert und das Lithium-Atom oxidiert.

Mit den Wasserstoff-Atomen der C-H-Bindungen kann das Lithium-Atom jedoch nicht reagieren. Dies ist auch der Grund, wieso die Reaktion von Ethanol mit Lithium langsamer verläuft als die Reaktion von Wasser mit Lithium: Der Ethyl-Rest hemmt die Reaktion. Da die Reaktion jedoch ähnlich ist, können wir vermuten, dass das Molekül in Abbildung 2 auch dem Ethanol-Molekül entspricht. Das Molekül in Abbildung 3 können wir ausschließen, da dort alle Wasserstoff-Atome mit Kohlenstoff-Atomen verbunden sind und somit nicht mit dem Lithium-Atom reagieren können.

Reaktionsgleichung der Reaktion von Ethanol mit Lithium

Bei der Reaktion von Ethanol mit Lithium findet die folgende Reaktion statt:

CC-BY-NC 4.0 / Joachim Herz Stiftung; Nadine Boele
Abb. 5 Reaktion von Lithium mit Ethanol

Es entsteht bei der Reaktion von Ethanol mit Lithium also ein Ethanolat. Ethanolate gehören zu der Stoffgruppe der Alkoholate und ist ein Salz aus einem Metall-Kation und einem Ethanolat-Anion. Das Ethanolat-Anion entsteht aus dem Ethanol-Molekül, wenn ein Proton aus der Hydroxy-Gruppe entfernt wird (Deprotonierung). Die Summenformel des Ethanolat-Ions lautet \(\ce{C2H5O−}\). Ethanolate gehören zur Stoffgruppe der Alkoholate.

Bei der Reaktion handelt es sich um eine Redoxreaktion.

Zusammenfassung

Alkohol-Moleküle bestehen aus einer Hydroxy-Gruppe ("OH-Gruppe") und einem Alkyl-Rest. Die OH-Gruppe kann auf Grund der polaren Bindung mit Alkali-Metallen reagieren. Bei der Reaktion entsteht Wasserstoff. Die Reaktion erinnert an die Reaktion von Lithium mit Wasser. Die Reaktion von Lithium mit Ethanol läuft jedoch deutlich langsamer ab.