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Grundwissen

Starke und schwache Säuren und Basen

Das Wichtigste auf einen Blick:

  • Über die Säurestärke wissen wir, wie gut eine Säure Protonen abgibt.
  • Über die Basenstärke wissen wir, wie gut eine Base Protonen aufnimmt.
  • Wie stark oder schwach Säuren und Basen sind, hängt von ihrer Molekülstruktur ab.
  • Wie stark oder schwach Säuren und Basen sind, erkennen wir an ihrem $\ce{pK_S}$- bzw. $\ce{pK_B}$-Wert.
  • Starke Säuren und Basen verdrängen schwache Säuren und Basen.
Aufgaben Aufgaben
CC BY 2.0, via Wikimedia Commons (edited from originals)
Abb. 1 GHS-Gefahrenpiktogramme für Ethansäure, Citronensäure und Hydrogenchlorid

Ethansäure hat  die Gefahrensymbole Flamme und Ätzwirkung sowie das Signalwort Gefahr. Citronensäure hat das Gefahrensymbol dickes Ausrufezeichen und das Signalwort Achtung. Hydrogenchlorid hat die Gefahrensymbole dickes Ausrufezeichen und Ätzwirkung sowie das Signalwort Gefahr (Abb. 1). 

Manche Säuren sind mit Wasser verdünnt. Auf diese Weise kann beispielsweise die ätzende Wirkung reduziert werden. Auch der pH-Wert kann je nach Konzentration der Säure im Wasser (Anteil der Säure an der wässrigen Lösung) unterschiedlich sein.

Wie stark oder schwach eine Säure bzw. eine Base ist, verändert sich aber nicht, wenn du mit ihnen eine wässrige Lösung herstellst. Die Säure- und Basenstärke erklärt sich anders.

Merke dir!

Der pH-Wert zeigt nicht unbedingt, wie stark oder schwach Säuren und Basen sind. Anhand der ätzenden Wirkung kannst du nicht erkennen, ob Säuren und Basen stark oder schwach sind.

Je stärker die Säure, desto leicher gibt sie Protonen ab

Wenn Säuren ($\ce{HA}$) Protonen ($\ce{H+}$) abgeben, entstehen ihre korrespondierenden Basen ($\ce{A-}$). In der wässrigen Lösung findet dabei die folgende Reaktion als Gleichgewichts-Reaktion statt:

$\ce{HA + H2O <=> A- + H3O+}$

Manche Säuren (Protonen-Donatoren) geben ihr Proton nur sehr schlecht ab. Dann liegt das Protolyse-Gleichgewicht auf der Seite der Edukte. In der Lösung liegen vorrangig Säure- und Wassermoleküle vor (Abb. 2.1). Diese Säuren werden schwache Säuren genannt.

Manche Säuren hingegen geben leicht ein Proton ab. Dann liegt das Protolyse-Gleichgewicht auf der Seite der Produkte. In der Lösung liegen vorrangig die Ionen der korrespondierenden Base und Oxonium-Ionen vor (Abb. 2.2). Diese Säuren werden starke Säuren genannt. Die Konzentration der Oxonium-Ionen ist bei gleich konzentrierten starken Säuren deutlich höher als bei schwachen Säuren.

Sehr starke Säuren sind in wässriger Lösung vollständig protolysiert. Das bedeutet, dass die Säure-Moleküle nahezu alle Protonen an die Wasser-Moleküle abgegeben haben. In der Lösung sind nur noch Oxonium-Ionen und die Ionen der korrespondierenden Base vorhanden.

Wie stark oder schwach Säuren sind, hängt von der Molekülstruktur ab

Schauen wir uns nun an, warum Säuren unterschiedlich leicht Protonen abgeben. Das hängt im Wesentlichen von der Molekülstruktur ab. Das Hydrogenchlorid-Molekül besteht aus einer Verbindung von einem Chlor- und einem Wasserstoff-Atom (Abb. 3.1). Das bindende Elektronenpaar zwischen den beiden Atomen wird aufgrund der hohen Elektronegativität von Chlor vom Chlor-Atom stark angezogen. Dadurch ist die Bindung zwischen den beiden Atomen polar. Trifft das Hydrogenchlorid-Molekül auf ein anderes polares Molekül wie z. B. das Wasser-Molekül, wird das Wasserstoff-Atom ohne sein Elektron als Proton leicht abgespalten und auf das Wasser-Molekül übertragen.

Anders verhält es sich bei der Ethansäure. Sie ist eine mittelstarke Alkansäure mit einer Carboxy-Gruppe (Abb. 3.2). Der Alkyl-Rest des Ethansäure-Moleküls stabilisiert das Molekül so, dass die Polarität der Bindung zwischen den Sauerstoff- und dem Wasserstoff-Atom abnimmt. Deshalb gibt das Ethansäure-Molekül sein Proton weniger leicht an andere Partner ab. 

Je stärker die Base, desto leichter nimmt sie Protonen auf

Wenn Basen ($\ce{B}$) Protonen ($\ce{H+}$) aufnehmen, entstehen ihre korrespondierenden Säuren ($\ce{HB+}$). In der wässrigen Lösung findet dabei die folgende Gleichgewichts-Reaktion statt:

$\ce{B + H2O <=> HB+ + OH-}$

Mit der Basenstärke verhält es sich ähnlich wie mit der Säurestärke, nur dass die Basen als Protonen-Akzeptoren reagieren. Nehmen die Basen schlecht Protonen auf, sind sie weniger stark. Dann liegt das Protolyse-Gleichgewicht auf der Seite der Edukte (Abb. 4.1). Je leichter Basen Protonen aufnehmen, desto stärker sind sie. Dann liegt das Protolyse-Gleichgewicht auf der Seite der Produkte (Abb. 4.2).

Der $\ce{pK}$-Wert zeigt dir die Stärke

CC-BY-NC 4.0 / Joachim Herz Stiftung ; Jonas Trautner
Abb. 6 pK-Werte

Wenn du genau wissen willst, wie stark eine Säure oder Base ist, musst du dir die $\ce{pK_s}$-Werte und $\ce{pK_B}$-Werte anschauen. Du hast bereits über die Molekülstruktur erfahren, dass Ethansäure eine schwächere Säure als Hydrogenchlorid ist. Das zeigt sich auch in den $\ce{pK_S}$-Werten. Ethansäure hat einen $\ce{pK_S}$-Wert von 4,76 (Abb. 6). Das entspricht einer mittelstarken Säure. Hydrogenchlorid hat einen $\ce{pK_S}$-Wert von -7. Das entspricht einer sehr starken Säure.

Was hinter dem $\ce{pK}$-Wert steckt und wofür wir ihn noch brauchen, erklären wir dir in den nächsten Artikeln.

Abb. 5 Säure-/Basenstärke und $\ce{pK}$-Werte
Säure-/Basenstärke $\ce{pK}$-Werte
Sehr stark -10 bis -0,35
Stark -0,34 bis 3,75
Mittelstark 3,76 bis 7,20
Schwach 7,21 bis 14
Sehr schwach ab 14,01

 

Die stärkeren Säuren und Basen verdrängen die schwächeren Säuren und Basen

In einer Säure-Base-Reaktion gibt es immer eine Säure mit ihrer korrespondierenden Base und eine Base mit ihrer korrespondierenden Säure. Wenn wir zwei saure Lösungen mischen, woher wissen wir, welche Teilchen als Säure und welche als Base reagieren? Das hängt von der Säure- bzw. Basenstärke ab. Die stärkeren Säuren und Basen verdrängen die schwächeren Säuren und Basen. Das heißt, dass die stärkere Säure in der Reaktion Protonen abgibt. Die stärkere Base nimmt in der Reaktion Protonen auf.

 

Beispiel 1: Sehr starke Säure verdrängt sehr schwache Säure

Hydrogenchlorid ist eine sehr starke Säure ($\ce{pK_S = -7}$). Wasser ist eine sehr schwache Säure ($\ce{pK_S = 15,74}$). Deswegen reagiert Hydrogenchlorid als Säure und Wasser als Base.

$\ce{HCl + H2O <=> H3O^+ + Cl^-}$

 

Beispiel 2: Mittelstarke Base verdrängt sehr schwache Base

Ammoniak ist eine mittelstarke Base ($\ce{pK_B = 4,75}$). Wasser ist eine sehr schwache Base ($\ce{pK_B = 15,74}$). Deswegen reagiert Ammoniak als Base und Wasser als Säure.

$\ce{NH3 + H2O <=> NH4^+ + OH^-}$

 

Beispiel 3: Sehr starke Säure verdrängt mittelstarke Säure

Dihydrogensulfat (Schwefelsäure) ist eine sehr starke Säure ($\ce{pK_S = -3}$). Löst du diese in Wasser, findet folgende Reaktion statt:

$\ce{H2SO4 + H2O <=> HSO4^- + H3O^+}$

Ethansäure (Essigsäure) ist eine mittelstarke Säure ($\ce{pK_S = 4,75}$). Löst du diese in Wasser, findet folgende Reaktion statt:

$\ce{CH3COOH + H2O <=> CH3COO^- + H3O^+}$

Gibst du beide Lösungen zusammen, reagiert Dihydrogenfulfat weiterhin als Säure. Die Reaktion findet von links nach rechts statt. Als Base fungiert jetzt das Acetat-Ion. Das heißt, bei der Ethansäure findet die Reaktion von rechts nach links statt. Zusammengefasst findet die folgende Reaktion statt:

$\ce{H2SO4 + CH3COO^- <=> HSO4^- + CH3COOH}$

Zusammenfassung

Starke Säuren geben leichter Protonen ab als schwache Säuren. Starke Basen nehmen leichter Protonen auf als schwache Basen. Bei starken Säuren und Basen liegt das Protolyse-Gleichgewicht auf der Seite der Produkte. Je stärker die Säure ist, desto mehr Oxoniumionen befinden sich bei gleicher Konzentration in der Lösung. Je höher der pH-Wert bei gleicher Konzentration, desto schwächer ist die Säure. Je niedriger der $\ce{pK_S}$- bzw. $\ce{pK_B}$-Wert ist, desto stärker sind die Säuren und Basen. Starke Säuren und Basen verdrängen schwache Säuren und Basen.

Aufgabe

Simulation saure & basische Lösungen

1. Wähle zunächst "Meine Lösung"!
2. In der folgenden Simulation kannst du durch Verschieben des digitalen pH-Meters den exakten pH-Wert der Lösung anzeigen lassen. Außerdem kannst du rechts im Kasten "Lösung" die Parameter der Lösung variieren. Die Animation simuliert einen submikroskopischen Blick in die Lösung. In den Kästen "Ansichten" und "Werkzeuge" kannst du weitere Modifikationen der Simulation vornehmen, wie z.B. die Diagrammanzeige der Messwerte oder die Messung mit einem pH-Indikatorstreifen. Auch die Leitfähigkeit der Lösungen lässt sich damit anzeigen.

Abb. 7 Simulation Saure und basische Lösungen
Aufgabe

Verschiebe nun in der Simulation oben den Schieberegler von „schwächer“ in Richtung „stärker“, um die Eigenschaften unterschiedlich starker Säuren zu simulieren. Beantworte anschließend die Aufgaben hier.

Aufgaben