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Grundwissen

Geschichte der Kunststoffe

Das Wichtigste auf einen Blick:

  • Bakelit ist der erste entwickelte Kunststoff und wurde 1907 vorgestellt.
  • Viele heute wichtige Kunststoffe wurden in 1930er Jahren entwickelt.
  • Nach dem Zweiten Weltkrieg begann die Massenproduktion von Kunststoffen.

Kunststoffe sind älter, als du vielleicht erwarten würdest, denn die ersten Kunststoffe wurden bereits vor über 100 Jahren erfunden. Es gab sie also schon, als noch Pferdekutschen durch die Straßen fuhren und schon deine Urgroßeltern könnten Kämme aus Kunststoff benutzt haben. Wenn du mehr zur Geschichte der Kunststoffe erfahren möchtest, dann lies ab hier weiter (Abb. 1). 

CC-BY-NC 4.0 / Joachim Herz Stiftung Till Niermann, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons Alf van Beem, CC0, via Wikimedia Commons 能無しさん, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons bergsten, Public domain, via Wikimedia Commons Bert Hickman, Attribution, via Wikimedia Commons Hispalois, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons Plasticbottlesupplier, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons Elisabeth Eriksson / Nordiska museet, CC BY 4.0, via Wikimedia Commons http://www.donnamoderna.com/casa/Giusta-pentola-per-ogni-piatto/photo/La-padella-in-teflon, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons Simon A. Eugster, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons Lilly_M, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons Lisa-Marie, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Abb. 1 Zeitleiste Geschichte der Kunststoffe

1907 Bakelit  

Im Jahr 1907 erfand Leo Hendrik Baekeland den ersten Kunststoff, den er in Anlehnung an seinen Nachnamen Bakelit nannte (Abb. 2.1). Bakelit ist nicht nur sehr hitzebeständig, sondern kann auch als elektrischer Isolator eingesetzt werden. Aus Bakelit wurden z. B. Telefone (Abb. 2.2) oder auch Haushaltgeräte wie Föhne (Abb. 2.3) hergestellt. Da die Anwendung von Bakelit sehr vielseitig ist, führte seine Entwicklung noch weitere Forschungen bei den Kunststoffen herbei.

1912 PVC (Polyvinylchlorid)

Wenige Jahre nach Bakelit kam im Jahr 1912 mit PVC (Polyvinylchlorid) ein weiterer Kunststoff auf den Markt. PVC zählt noch heute zu den meistgenutzten Kunststoffen und wird zum Beispiel als Fußbodenbelag oder als Abflussrohr verwendet (Abb. 3.1).

1930er PE (Polyethen)

Die 1930er Jahre gelten als Blütezeit der Kunststoffentwicklung. Viele der heutzutage selbstverständlich verwendeten Kunststoffe wurden in dieser Zeit erfunden. Zwischen 1933-1935 wurde PE (Polyethen, früher Polyethylen) entwickelt, das heute der meistgenutzte Kunststoff der Welt ist. Seine Anwendungsgebiete reichen von Alltagsgegenständen wie Plastikverpackungen bis hin zur Nutzung beim Militär.

1930er PS (Polystyrol)

In einem ähnlichen Zeitraum wurde PS (Polystyrol) entwickelt. PS, das wir heute vor allem als Styropor kennen, wurde in der Anfangszeit seiner Entwicklung in einer nicht geschäumten Form (Abb. 3.2) für Alltagsgegenstände (Bsp. Eierbecher) verwendet.

1930er PMMA (Polymethylmethacrylat) und PA (Polyamid)

Ein weiterer wichtiger Kunststoff aus den 1930er Jahren ist PMMA (Polymethylmethacrylat). PMMA wurde als Ersatz für Glas entwickelt und ist genauer als Plexiglas bekannt. Auch die erste Kunstfaser geht auf der rasanten Entwicklung und Erforschung von Kunststoffen kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs zurück. Nylon, das zu den Polyamiden (PA) zählt, wurde in den 30er Jahren entwickelt und 1938 offiziell vorgestellt. Nylon ist nicht zuletzt als Material für Damenstrümpfe und Angelschnüre bekannt (Abb. 3.3).

1939 – 1945 Einsatz für Kriegszwecke

Viele dieser Kunststoffe wurden zuerst für zivile Zwecke eingesetzt. Beispielsweise ersetzte Nylon die Naturfasern auf Zahnbürsten und Plexiglas wurde für Leuchtreklametafeln verwendet. Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs veränderte sich dies sehr schnell. Kriegsbedingt wurden viele natürliche Rohstoffe knapp oder nun für militärische Zwecke verwendet. Diese Rohstofflücke konnten Kunststoffe füllen, was vor allem in den USA zu einer starken Weiterentwicklung führte. Nylon wurde nun zur Produktion von Fallschirmen eingesetzt und Plexiglas diente als Fensterscheibe in Kampfflugzeugen. Mit dieser stärkeren militärischen Nutzung von Kunststoffen während des Krieges ging auch eine Ausweitung der Produktion einher, da das Militär Kunststoffe in großen Mengen benötigte (Abb. 1).

1950er PP (Polypropen)

Nach dem Krieg mussten sich die Unternehmen, die neue Fabriken während des Krieges zur Produktion von Kunststoffen gebaut hatten, andere Möglichkeiten suchen, Kunststoffe nicht-militärisch vermarkten zu können. Vor allem ab den 1950er Jahren begann deshalb die industrielle Massenproduktion von Kunststoff.

Verstärkt wurde diese Entwicklung durch die Erfindung des heute zweitwichtigsten Kunststoffs: PP (Polypropen, früher Polypropylen). Besonders die Hitzebeständigkeit von PP machte diesen Kunststoff für eine Vielzahl von Anwendungen interessant, zum Beispiel im Haushalt als Kochbeutel für Reis (Abb. 3.4) oder in der Industrie beim Fahrzeugbau.

1960er bis heute Weiterentwicklung bestehender Kunststoffe

CC-BY-NC 4.0 / Joachim Herz Stiftung
Quellen:PlasticsEurope
Abb. 4 Plastikproduktion weltweit Statistik

Seit den 1960er Jahren wurde vor allem an der Weiterentwicklung bekannter Kunststoffe gearbeitet. Außerdem entstanden eine Reihe sogenannter Co-Polymere. Co-Polymere sind Verbindungen von zwei Kunststoffen sowie Mischungen unterschiedlicher Kunststoffe. Vollkommen neue Kunststoffe, wie zum Beispiel Acrylnitril-Butadien-Styrol (kurz ABS), aus dem z. B. LEGO-Steine hergestellt werden, waren besonders auf Spezialanwendungen zugeschnitten und erreichen daher nicht die Produktionsmengen der oben genannten Kunststoffsorten. Kunststoffe haben sich seit ihrer Entdeckung rasant entwickelt und sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg wurden weltweit ca. 2 Millionen Tonnen Kunststoffe im Jahr produziert (Abb. 4). Im Jahr 2019 waren es bereits 368 Millionen Tonnen (Plastics Europe 2021). Das entspricht dem Gewicht von mehr als 60 ägyptischen Pyramiden.

Zusammenfassung

Kunststoffe gibt es seit etwas mehr als 100 Jahren. Der erste künstliche Kunststoff, bei dem auch alle Ausgangstoffe künstlich waren, heißt nach seinem Erfinder Leo Hendrick Baekeland „Bakelit“. Viele der noch heute genutzten Kunststoffe, wie PE (Polyethen, früher Polyethylen) oder PVC (Polyvinylchlorid), wurden vor dem Zweiten Weltkrieg entwickelt. Ihre industrielle Massenproduktion begann jedoch erst nach dem Krieg und setzt sich bis heute fort. In jüngerer Vergangenheit wurden vor allem Mischungen von bekannten Kunststoffen sowie einige Spezialkunststoffe wie ABS (Acrylnitril-Butadien-Styrol) entwickelt.