Weinsäure ist natürlich, wie schon der Name verrät, in Wein enthalten. Das ist aber nicht die einzige Säure, die in Wein enthalten sein kann. Dieser enthält auch Apfelsäure, Milchsäure und häufig auch Bernsteinsäure sowie Essigsäure. Leute, die sich besonders gut mit Wein auskennen, beschreiben, dass Weinsäure den Wein weich macht und Apfelsäure dagegen hart im Geschmack ist.
Die Weinsäure kommt über die Trauben, aus denen Wein hergestellt wird, in den Wein. Sie kommt quasi in der ganzen Weinpflanze vor – auch in den Blättern (Abb. 1). In der Natur kannst du Weinsäure zudem in Ananas, Zuckerrüben, schwarzem Pfeffer und Löwenzahn finden.
Weinsäure leicht löslich und sauer im Geschmack
Heutzutage wissen wir, was Weinsäure ist. Vor dessen Entdeckung dachten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass der Weinstein die Säure des Weins wäre (Abb. 2). Weinstein ist das schwerlösliche Salz Kaliumhydrogentartrat, welches wir manchmal bei Weinen als Kristalle erkennen können. Weinsäure hingegen ist leicht löslich. Sie hat einen sauren Geschmack und eine konservierende Wirkung.
Drei Isomere der Weinsäure – L-, D- und meso-Weinsäure
Die Weinsäure ist eine Di-Carbonsäure. Das bedeutet, dass sie zwei Carboxy-Gruppen $\ce{-COOH}$ besitzt. Diese befinden sich jeweils an den Enden des Moleküls. Zudem ist die Weinsäure eine Hydroxy-Carbonsäure, weil sie an den beiden mittleren Kohlenstoff-Atomen jeweils eine Hydroxy-Gruppe $\ce{-OH}$ gebunden hat.
In Abbildung 3 kannst du erkennen, dass es unterschiedliche Molekülstrukturen der Weinsäure gibt, die Summenformel aber immer gleichbleibt. Die unterschiedlichen Anordnungen nennen wir Spiegelbildisomere. Die L-Weinsäure ist schon länger bekannt als Bestandteil des Weins. Sie ist in der EU als Lebensmittelzusatzstoff E334 zugelassen.
Wenn du die D-Weinsäure betrachtest, fällt auf, dass die Hydroxy-Gruppen an den mittleren Kohlenstoff-Atomen umgekehrt zu der L-Weinsäure angeordnet sind. Bei der L-Weinsäure ist die untere Hydroxy-Gruppe links und bei der D-Weinsäure rechts. Wenn du jeweils die L- oder die D-Weinsäure mit sich selbst spiegelst, dann kannst du die Moleküle nicht zur Deckung bringen. Die Moleküle mit dieser Eigenschaft nennen wir chiral (Abb. 4). Das kommt aus dem Griechischen und bedeutet Hand. Sie sind wie deine linke und rechte Hand nicht deckungsgleich.
Die Moleküle der meso-Weinsäure haben selbst eine Spiegelachse. Sie ist mit ihrem Spiegelbild deckungsgleich und daher nicht chiral.
L- und D-Weinsäure durch Louis Pasteur entdeckt
L-Weinsäure dreht die Ebene polarisierten Lichts nach rechts. Dies hat der Forscher Louis Pasteur im Jahr 1848 entdeckt. Die Säure in Traubensaft schien jedoch optisch inaktiv zu sein. Pasteur beobachtete die Natrium-Ammonium-Salze (Tartrate wie z.B. Weinstein) der Säure in Wein und Traubensaft genauer. Ihm fiel unter dem Mikroskop auf, dass die Salze der Säure im Traubensaft aus zwei unterschiedlichen Kristallstrukturen, die spiegelähnlich waren, bestanden. Er trennte die unterschiedlichen Kristalle voneinander und löste sie. Wieder unter polarisiertem Licht erkannte er die rechtsdrehende Form wie bei der Weinsäure im Wein – die L-Weinsäure – sowie eine linksdrehende Form der Säure – die D-Weinsäure. Dann mischte er L- und D-Weinsäure wieder miteinander und die optische Wirkung schien sich aufzuheben.
Herstellung aus Weinstein
Weinsäure entsteht aus Weinstein (Kaliumhydrogentartrat), wenn Wein oder auch Traubensaft lange gelagert werden. Kaliumhydrogentartrat wird mithilfe von Calciumoxid in Calciumtartrat umgewandelt und dann mit Schwefelsäure (Dihydrogensulfat) versetzt. Bei dieser Reaktion entstehen Weinsäure und Calciumsulfat (Gips).
1. Kaliumhydrogentartrat und Calciumoxid reagieren zu Kaliumtartrat und Calciumtartrat und Wasser.
$\ce{2 K(OOH-C2H4O2-COOH) + CaO -> K2(OOH-C2H4O2-COO) + Ca(OOH-C2H4O2-COO) + H2O}$
Das bei dieser Reaktion entstehende Kaliumtartrat könntest du wiederum mithilfe von Calciumchlorid oder Calciumhydroxid zu Calciumtartrat umsetzen.
$\ce{K2(OOH-C2H4O2-COO) + Ca(OH)2 -> Ca(OOH-C2H4O2-COO) + 2 KOH}$
$\ce{K2(OOH-C2H4O2-COO) + CaCl2 -> Ca(OOH-C2H4O2-COO) + 2 KCl}$
2. Calciumtartrat und Schwefelsäure reagieren zu Weinsäure und Calciumsulfat.
$\ce{Ca(OOH-C2H4O2-COO) + H2SO4 -> COOH-C2H4O2-COOH + CaSO4}$
Verringerung der Säurekonzentration von Wein durch Ausfällen von Weinstein
Wenn ein Wein zu viel Säure enthält, kann Calciumcarbonat zu dem Wein gegeben werden. Dabei fällt das schwerlösliche Salz Calciumtartrat aus.
Weinsäure und Calciumcarbonat reagieren zu Calciumtartrat, Wasser und Kohlenstoffdioxid.
$\ce{COOH-C2H4O2-COOH + CaCO3 -> Ca(OOH-C2H4O2-COO) + H2O + CO2}$
Zusammenfassung
Weinsäure ist in unterschiedlichen Früchten enthalten. Sie erhält ihren Namen durch die Entdeckung in Traubensaft und Wein. Die D- und L-Weinsäure kommen natürlich vor. Die D-Weinsäure ist die linksdrehende Molekülform. Die L-Weinsäure ist die rechtsdrehende Molekülform. Beide Isomere sind chiral. Die meso-Weinsäure kann nur künstlich hergestellt werden und ist nicht chiral. Weinsäure lässt sich aus Weinstein (Kaliumhydrogentartrat) herstellen. Zur Reduktion von Weinsäure in beispielsweise Wein kann Weinsäure mithilfe von Calciumcarbonat als schwerlösliches Calciumtartrat ausgefällt werden.
Aufgabe
Aufgabe
a) Was hat die Weinsäure mit dem Weinstein zu tun?
b) Warum sind L- und D-Weinsäure chiral und die meso-Weinsäure nicht?