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Grundwissen

Essigsäure – Eigenschaften, Herstellung und Reaktionen

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Essigsäure ist eine einprotonige Carbonsäure mit einem Alkan-Rest.
  • Die Summenformel von Essigsäure ist \(\ce{C_2H_4O_2}\) und die Halbsummenformel ist \(\ce{CH_3COOH}\).
  • Essigsäure ist eine mittelstarke Säure mit einem charakteristischen Essig-Geruch.
  • Typische Reaktionen der Essigsäure sind Salzbildungsreaktionen, u.a. das Lösen von Kalk (Verdrängungsreaktion) und Veresterungen.
CC-BY-NC 4.0 / Joachim Herz Stiftung; Nadine Boele
Abb. 1 Strukturformel eines Essigsäure-Moleküls

Vielleicht hast du schon einmal gesehen, wie ein Duschkopf oder ein anderer verkalkter Gegenstand in eine farblose Flüssigkeit gelegt wurde, um ihn zu entkalken? Diese Flüssigkeit war wahrscheinlich Essigsäure oder Zitronensäure. Beides sind Carbonsäuren, welche wir im Haushalt gerne benutzen, um Kalkablagerungen zu beseitigen. Zur Kalkentfernung verwenden wir schwache bis mittelstarke Säuren. Salzsäure beispielsweise kann auch Kalk lösen, sogar viel schneller als Essigsäure, aber weil die Salzsäure so stark ist, greift sie auch das Material des Gegenstandes an, der entkalkt werden soll. Mit Essigsäure oder auch Zitronensäure können Kalkablagerungen schonender entfernt werden. Die Essigsäure ist eine der bekanntesten Carbonsäuren und kommt an vielen Stellen in unserem Alltag vor. 

In diesem Artikel erfährst du mehr über den chemischen Bau des Essigsäure-Moleküls (Abb. 1), über die Herstellung und typische Reaktionen von Essigsäure und die Eigenschaften der Essigsäure.

Wenn du hingegen mehr über die Geschichte, das Vorkommen und die Verwendung von Essigsäure in unserem Alltag lernen möchtest, dann lies hier weiter.

Essigsäure – eine vielseitige einprotonige Carbonsäure

Der systematische Name für Essigsäure ist Ethansäure, da sie vom Ethan bzw. Ethanal (Acetaldehyd) abgeleitet werden kann und somit zwei Kohlenstoff-Atome besitzt (Abb. 1). Essigsäure ist eine einprotonige Carbonsäure, welche im Molekül eine Carboxy-Gruppe als funktionelle Gruppe aufweist und einen Alkan-Rest besitzt. Die Summenformel von Essigsäure ist \(\ce{C_2H_4O_2}\) und die Halbsummenformel ist \(\ce{CH_3COOH}\).

Eigenschaften als Lösungsmittel und mittelstarke Säure

CC-BY-NC 4.0 / Joachim Herz Stiftung; Hanne Rautenstrauch
Abb. 2 Essigsäure im Labor

Essigsäure ist eine farblose, ätzende Flüssigkeit (Abb. 2) mit einem charakteristischen Essig-Geruch. Durch die wasserziehende (hygroskopische) Wirkung bindet sie Feuchtigkeit aus der Umgebung. Sie ist außerdem brennbar.

In Tabelle 1 sind wichtige Eigenschaften der Essigsäure zusammengefasst.

Tabelle 1: Eigenschaften von Essigsäure

Molare Masse $\pu{60,05 g//mol}$
Dichte $\pu{1,05 g//cm^3}$
Schmelzpunkt \(\ce{17 °C}\)
Siedepunkt \(\ce{118 °C}\)

Essigsäure ist zudem ein polares und hydrophiles Lösungsmittel. Mit polaren Lösungsmitteln (z.B. Wasser) lässt es sich daher gut mischen.  Von den unpolaren Alkanen sind nur Vertreter mit einer kurzen Kohlenstoff-Wasserstoff-Kette mit der Essigsäure mischbar. Mit zunehmender Kettenlänge der Alkane nimmt die Mischbarkeit mit Essigsäure jedoch ab, da das Essigsäure-Molekül nur einen vergleichsweise kurzen Alkan-Rest aufweist. Mit Octan \(\ce{(C_8H_18)}\) ist Essigsäure beispielsweise nicht mehr vollständig mischbar.

Essigsäure ist eine mittelstarke Säure und dissoziiert nur unvollständig in Wasser (\(\ce{pK_s}\)-Wert 4,76). 

\(\ce{CH_3COOH + H_2O <--> CH_3COO^- + H_3O^+}\)

Die Salze der Essigsäure nennen wir Acetate. Die Acetate sind meist kristalline Salze. Sie entstehen beispielsweise, wenn wir ein unedles Metall (z.B. Magnesium) in Essigsäure geben (Abb. 3). Magnesium und Essigsäure reagieren dann zu Magnesiumacetat und Wasserstoff. In wässriger Lösung liegt das Magnesiumacetat in seinen Ionen vor, den Magnesium- und Actetat-Ionen. Der entstehende Wasserstoff entweicht. In dem Video in Abb. 3 kannst du den entweichenden Wasserstoff als kleine aufsteigende Gasbläschen sehen.

\(\ce{Mg + 2 CH_3COOH -> Mg^2+ + 2 CH_3COO^- + H_2}\)

 

Abb. 3 Reaktion von Essigsäure und Magnesium

Herstellung 

Biotechnische Herstellung durch Bakterien
Häufig wird Essigsäure mit Hilfe von Bakterien hergestellt. Dieses Verfahren wird als biotechnische Herstellung bezeichnet. Dabei wird Ethanol durch bestimmte Bakterien (Acetobacter  und Gluconobacter) oxidiert, sodass im ersten Schritt Acetaldehyd (Ethanal) und im zweiten Schritt dann Essigsäure entsteht.  

Reaktionsgleichung der Oxidation von Ethanol zu Acetaldehyd durch Bakterien:  

\(\ce{CH_3CH_2OH + ½ O_2 -> CH_3CHO + H_2O}\) 

Reaktionsgleichung zur weiteren Oxidation von Acetaldehyd zu Essigsäure: 

\(\ce{CH_3CHO + ½ O_2-> CH_3COOH}\) 

Ausgangsstoffe für die biotechnische Herstellung von Essigsäure sind häufig Bier, Wein oder Malz. Wie du an den beiden Reaktionsgleichungen oben sehen kannst, benötigen die Bakterien eine sauerstoffreiche Umgebung, um die gewünschte Reaktion umsetzen zu können.

 

Weitere großtechnische Verfahren 

Wacker-Hoechst-Verfahren
Mit dem Wacker-Hoechst-Verfahren werden große Mengen Essigsäure durch die Oxidation von Ethen (auch Ethylen) \(\ce{(C_2H_4)}\) hergestellt. Auch hier entsteht im ersten Reaktionsschritt Acetaldehyd (Ethanal), welches dann weiter oxidiert wird zur Essigsäure. 

Monsanto-Prozess
Ein neueres Verfahren zur Herstellung von Essigsäure ist der Monsanto-Prozess. Hierbei wird Methanol \(\ce{(CH_3OH)}\) katalytisch mit Kohlenstoffmonoxid \(\ce{(CO)}\) bei einem Druck von 30 bis 60 bar und bei Temperaturen von 150 bis 200 °C umgesetzt.  

\(\ce{CH_3OH + CO -> CH_3COOH}\) 

Die Selektivität dieser Reaktion ist mit 99 % sehr hoch, weswegen dieses Verfahren in neueren industriellen Anlagen eingesetzt wird.

 

Reaktionen 

Neben der oben bereits beschriebenen Salzbildungsreaktion mit unedlen Metallen, zeigt die Essigsäure weitere typische Reaktionen.

Im Alltag verwenden wir verdünnte Essigsäure-Lösungen zum Reinigen von Verkalkungen. Die Essigsäure reagiert dabei in einer Verdrängungsreaktion mit dem Kalk (Calciumcarbonat, \(\ce{CaCO_3}\)) zu Kohlenstoffdioxid, Wasser und dem Salz Calciumacetat (dieses liegt in Wasser gelöst als Calcium- und Acetat-Ionen vor): 

\(\ce{2 CH_3COOH + CaCO_3 -> 2 CH_3COO^- + Ca^{2+} + CO_2 + H_2O}\) 

An der Luft oxidiert Essigsäure mit der Zeit vollständig zu Wasser und Kohlenstoffdioxid. Bei Raumtemperatur läuft diese Reaktion jedoch ausgesprochen langsam ab.  

Eine weitere typische Reaktion der Essigsäure ist die säurekatalysierte Reaktion zwischen Essigsäure und Ethanol zu Essigsäureethylester (Abb. 4).  

CC-BY-NC 4.0 / Joachim Herz Stiftung; Nadine Boele
Abb. 4 Reaktionsgleichung der Veresterung eines Essigsäure-Moleküls mit einem Ethanol-Molekül zu einem Essigsäureethylester-Molekül

 

 

Wenn du noch mehr über die Reaktionen der Carbonsäuren im Allgemeinen erfahren möchtest, kannst du das hier.

Zusammenfassung

Essigsäure ist eine mittelstarke Carbonsäure mit einer Carboxy-Gruppe als funktionelle Gruppe und einem kurzen Alkan-Rest. Die Summenformel von Essigsäure ist \(\ce{C_2H_4O_2}\) und die Halbsummenformel ist \(\ce{CH_3COOH}\). Die Essigsäure hat einen typischen Essig-Geruch und ist ein polares und hydrophiles Lösungsmittel. Typische Reaktionen sind Salzbildungsreaktionen, bei denen die sogenannten Acetate (Salze der Essigsäure) entstehen, Veresterungen und das Lösen von Kalk. Hergestellt werden kann Essigsäure entweder mit Hilfe von Bakterien oder in großtechnischen Verfahren durch Oxidation von Ethen oder die katalytische Umsetzung von Methanol mit Kohlenstoffmonoxid.