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Grundwissen

Die Eigenschaften der Alkohole

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Die Moleküle der Alkohole bestehen aus einer Hydroxy-Gruppe und einem Alkyl-Rest. 
  • Die Länge der Alkylkette und die Anzahl der Hydroxy-Gruppen bei den Alkohol-Molekülen bestimmen die Stoffeigenschaften der dazugehörigen Alkohole. 
Aufgaben Aufgaben
CC-BY-NC 4.0 / Joachim Herz Stiftung; Nina Ulrich
Abb. 1 Aufbau eines Alkohol-Moleküls

Durch die polare Hydroxy-Gruppe und den unpolaren Alkylrest bieten die Alkohole interessante Struktur-Eigenschafts-Beziehungen, die sich je nach Größe des Alkylrests und Anzahl der Hydroxy-Gruppen verändern. Im Folgenden werden wir uns die Schmelz- und Siedetemperatur, die Löslichkeit (Mischbarkeit), die Viskosität und die Brennbarkeit im Hinblick auf die Struktur-Eigenschafts-Beziehungen untersuchen. Da die Eigenschaften durch zwei Faktoren beeinflusst werden, werden wir jeweils zunächst der Einfluss der Kettenlänge betrachten und anschließend der Einfluss der Anzahl der Hydroxy-Gruppen.  

Schmelztemperatur und Siedetemperatur 

CC-BY-NC 4.0 / Joachim Herz Stiftung; Nina Ulrich
Abb. 2 Propanol-Molekül
CC-BY-NC 4.0 / Joachim Herz Stiftung; Nina Ulrich
Abb. 3 Octanol-Molekül
CC-BY-NC 4.0 / Joachim Herz Stiftung; Nina Ulrich
Abb. 4 Propan-1,2,3-triol-Molekül (Glycerin-Molekül)

Schmelzen bedeutet auf der Teilchenebene, dass die Moleküle ausreichend Energie haben, ihre festen Plätze zu verlassen. Die Moleküle sind weiterhin dicht und ungeordnet. Bei zunehmender Energie, erhöht sich die Geschwindigkeit der Teilchen. Sobald die Teilchengeschwindigkeit hoch genug ist, so dass die Anziehungskräfte überwunden werden, liegen die Teilchen einzeln vor. Der Stoff verdampft. Da die Schmelz- und Siedetemperatur von der Teilchengeschwindigkeit abhängig ist, sind die Masse der Moleküle und die Stärke der Anziehungskräfte zwischen den Molekülen die wichtigsten Einflussfaktoren für die Schmelz- und Siedetemperatur.  

Vergleichen wir hierfür zunächst Propanol (Abb. 2) und Octanol (Abb. 3). Beide Moleküle haben eine Hydroxy-Gruppe und einen Alkyl-Rest. Das Octanol-Molekül hat eine höhere molare Masse (\(\ce{$M$\,(Octanol)\,=\,130,23\frac{g}{mol}}\)) als das Propanol-Molekül (\(\ce{$M$\,(Propanol)\;=\;60,10\frac{g}{mol}}\)). Beide Moleküle verfügen über eine Hydroxy-Gruppe, die Wasserstoffbrücken ausbilden kann, und einem Alkyl-Rest, der van-der-Waals-Kräfte ausbilden kann. Der Unterschied liegt darin, dass die Oberfläche des Octanyl-Restes größer ist als die Oberfläche des Propanyl-Restes. Dadurch sind die van-der-Waals-Kräfte zwischen den Octanyl-Resten größer als zwischen den Propanyl-Resten. Da sich sowohl die Masse als auch die Anziehungskraft bei steigender Kettenlänge erhöht, kommen wir zu der allgemeinen Aussagen: Bei Alkanolen mit einer Hydroxy-Gruppe gilt: Je länger die Kettenlänge der Moleküle, desto höher ist die Siede- und Schmelztemperatur der Stoffe. 

Vergleichen wir nun Propanol mit Glycerin (Propan-1,2,3-triol) (Abb. 4). 

Die beiden Moleküle unterscheiden sich dadurch, dass beim Glycerin-Molekül zwei weitere Wasserstoff-Atome durch je eine Hydroxy-Gruppe ersetzt wurden. Hierbei hat das Glycerin-Molekül die höhere Molare Masse (\(\ce{$M$(Glycerin)\;=\;92,09\frac{g}{mol}}\)) als das Propanol-Molekül (\(\ce{$M$(Propanol)\;=\;60,10\frac{g}{mol}}\)). Zusätzlich kann das Glycerin-Molekül durch die zusätzlichen Hydroxy-Gruppen auch weitere Wasserstoff-Brücken ausbilden. Auch hierbei gilt daher allgemein: Je höher die Anzahl der Hydroxy-Gruppen, desto höher ist die Siede- und Schmelztemperatur.

Brennbarkeit

Die Brennbarkeit der Alkohole hängt von der Siedetemperatur ab. Je niedriger der Siedetemperatur, desto mehr Dämpfe entstehen und desto höher ist die Brennbarkeit. Dabei gilt vergleichbar zu den Alkanen, dass Alkohole deren Moleküle eine lange organische Kette haben, beim Verbrennen anfangen zu Rußen, da die Verbrennung nicht vollständig stattfindet. Die Trends zur Brennbarkeit der Alkohole sind also vergleichbar zu den Trends bei der Brennbarkeit der Alkane. 

Löslichkeit

Wie gut lösen sich die verschiedenen Alkanole in Wasser und wie gut lösen sie sich in Octan? Wasser ist ein hydrophiles Lösungsmittel und Octan ist ein lipohiles Lösungsmittel. Auch bei der Löslichkeit werden wir zunächst den Einfluss der Kettenlänge und im Anschluss den Einfluss der Anzahl der Hydroxy-Gruppen betrachten.  

CC-BY-NC 4.0 / Joachim Herz Stiftung; Petra Wlotzka
Abb. 5 Die Wechselwirkungen beim Alkylrest und der Hydroxy-Gruppe des Alkoholmoleküls

Wenn sich ein Stoff in einem anderen Stoff löst, bedeutet dies auf der Teilchenebene, dass es Anziehungskräfte zwischen den Molekülen der verschiedenen Stoffe gibt. Damit sich ein Stoff gut in Wasser lösen kann, müssen die Teilchen des Stoffes polare Eigenschaften haben. Im Falle der Alkohole haben die Hydroxy-Gruppen der Alkohol-Moleküle eine polare Elektronenpaarbindung, so dass das Sauerstoff-Atom eine negative Teilladung hat und das Wasserstoff-Atom eine positive Teilladung hat (Abb. 5). Zwischen den Wasser-Molekülen und der Hydroxy-Gruppe können daher Wasserstoffbrücken ausgebildet werden. Allerdings besitzt das Alkohol-Molekül auch einen organischen Rest, beispielsweise eine Alkyl-Kette. Die C-H-Bindungen und die C-C-Bindungen der Alkyl-Kette sind unpolar, so dass die Alkyl-Kette nur London-Dispersions-Wechselwirkungen ausbilden kann. Damit sich ein Alkohol in einem polaren Lösemittel, wie z.B. Wasser, gut lösen kann, darf der unpolare Rest der Alkohol-Moleküle nicht zu groß sein, da dieser unpolare Rest keine stärkeren Wechselwirkungen mit den Wasser-Molekülen ausbilden kann. Bei Molekülen mit einem sehr kleinem Alkyl-Rest, wie z.B. Methanol-Molekülen und Ethanol-Molekülen, überwiegt der Anteil der polaren Hydroxy-Gruppe, die Wasserstoffbrücken zu den Wasser-Molekülen ausbilden kann. Methanol und Ethanol lösen sich daher sehr gut in Wasser (hydrophil), Octanol löst sich sehr schlecht in Wasser (hydrophob). Allgemein gilt demnach: Je länger der organische Rest eines Alkohol-Moleküls ist, desto schlechter löst sich der Alkohol in hydrophilen Lösemitteln, wie z.B. Wasser. 

CC-BY-NC 4.0 / Joachim Herz Stiftung; Nina Ulrich
Abb. 6 Die Propanol-Moleküle ordnen sich kugelförmig in einem hydrophoben Lösemittel an.

Umgekehrt gilt: Je größer der organischer Rest eines Alkohol-Moleküls ist, desto besser ist die Löslichkeit des Alkohols in Octan. Dennoch können auch die kurzkettigen Alkohol-Moleküle, wie Methanol-Moleküle und Ethanol-Moleküle mit den Octan-Molekülen Wechselwirkungen ausbilden, so dass sich auch Methanol und Ethanol in Octan gut lösen. Wir nennen Stoffe, die sowohl hydrophil und lipophil sind, amphiphil. Doch wie kann ein Stoff hydrophil und lipophil gleichzeitig sein? Dies liegt daran, dass sich die Alkohol-Moleküle in einem lipophilen Lösemittel auf eine besondere Art anordnen: die Hydroxy-Gruppen mehrerer Alkohol-Moleküle ziehen sich an, so dass sich die Alkohol-Moleküle kugelförmig anordnen (Abb. 6). Dabei befinden sich die Hydroxy-Gruppen der Moleküle im Inneren während die Alkyl-Reste nach außen zeigen. Diese „Molekül-Kugeln“ wirken daher nach außen als unpolare Moleküle und können mit dem unpolaren Octanol-Molekülen wechselwirken.

Kommen wir nun zum Einflussfaktor der Anzahl der Hydroxy-Gruppen. Hierbei vergleichen wir wieder Propanol und Propan-1,2,3-triol (Glycerin). Propanol ist gut in organischen Lösemitteln löslich, während Propan-1,2,3-triol unlöslich organischen Lösemitteln ist. Genauso wie die Ethanol-Moleküle in Abbildung 5 können sich auch die Propanol-Moleküle kugelförmig ausrichten (Abb. 6), so dass sich außen nur ein unpolarer Rest befindet. Beim Propan-1,2,3-triol-Molekül ist diese Anordnung so nicht möglich, da sich an jedem Kohlenstoff-Atom auch eine Hydroxy-Gruppe befindet. Während die zusätzlichen Hydroxy-Gruppen der Alkohol-Moleküle die Löslichkeit der Alkohole in Wasser begünstigt, sorgen die Hydroxy-Gruppen für eine geringere Löslichkeit in lipophilen Lösemitteln. Es gilt daher allgemein: Je größer die Anzahl der Hydroxy-Gruppen bei gleichbleibender Kettenlänge der Alkohol-Moleküle ist, desto größer ist Wasserlöslichkeit des Alkohols.  

Viskosität

Epop, Public domain, via Wikimedia Commons
Abb. 7 Kirchenfenster in einem Weinglas

Die Viskosität beschreibt, wie groß die Fließgeschwindigkeit eines Stoffes ist. Honig hat beispielsweise eine hohe Viskosität, da der Honig nur sehr langsam fließt. Wasser hat im Vergleich zu Honig eine niedrige Viskosität, da es sehr schnell fließt. Die Viskosität wird bestimmt durch die Anziehungskräfte zwischen den Molekülen, da wir uns die Viskosität vereinfacht als Reibung zwischen Molekülschichten vorstellen können. Dabei gilt: Je größer die Anziehungskraft ist, desto größer ist die Reibung. 

Bei einwertigen Alkoholen gilt dabei, dass die Kettenlänge der Moleküle die Anziehungskräfte bestimmen. Je länger die Kette ist, desto größer ist die Oberfläche und desto größer sind die van-der-Waals-Kräfte. Es gilt daher allgemein: Je größer der organische Rest des Alkohol-Moleküls ist, desto größer ist die Viskosität des Alkohols.  

Bei den mehrwertigen Alkoholen sorgen die Hydroxy-Gruppen der Alkohol-Moleküle für eine höhere Viskosität, da diese die relativ starken Wasserstoffbrücken ausbilden können (Abb. 7). Es gilt daher allgemein: Je mehr Hydroxy-Gruppen bei gleichbleibender Kettenlänge bei einem Alkohol-Molekül vorhanden sind, desto größer ist die Viskosität. 

Übrigens kann man die Viskosität auch bei Weinen untersuchen. Vollmundige Weine haben einen relativ hohen Glycerin-Gehalt. Das Glycerin fließt langsamer zurück als der restliche Wein. Diesen Effekt nennt man auch “Kirchenfenster”. 

Zusammenfassung

Zusammengefasst können wir sagen, dass die Kettenlänge und die Hydroxy-Gruppe die Eigenschaften der Stoffe beeinflussen. Dabei gilt: Je länger die Kettenlänge ist, desto höher ist die Schmelz- und Siedetemperatur, desto schlechter ist die Löslichkeit in Wasser und desto höher ist die Viskosität. Außerdem gilt: Je mehr Hydroxy-Gruppen das Molekül hat, desto höher ist die Schmelz- und Siedetemperatur, desto größer ist die Löslichkeit und desto größer ist die Viskosität.