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Grundwissen

Elektronegativität und Periodensystem

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Die Elektronegativität ist ein Kennwert, der ausdrückt, wie stark ein Element die Bindungselektronen anzieht.
  • Im Periodensystem ist zu sehen, dass mit steigender Ordnungszahl die Elektronegativität abnimmt. Gleichzeitig nimmt z.B. der Atomradius zu.
  • Links unten im Periodensystem sind die kleinsten und rechts oben die größte Werte für die Elektronegativität zu finden.

Elektronegativität kurz erklärt

CC-BY-NC 4.0/Joachim Herz Stiftung; Fabian Zahlmann
Abb. 1 Elektrostatische Anziehung zwischen Luftballon und Haaren

Bestimmt hast du auch schon einmal einen Luftballon an deiner Hose gerieben und an deine Haare gehalten. Die Haare wurden von dem Luftballon angezogen, als wären sie daran festgeklebt (Abb. 1). Grund für dieses Phänomen sind statische Ladungen. Während des Reibens an deiner Hose bekommt der Luftballon eine negative Ladung. Durch eine Ladungsverschiebung der Haare entsteht dort, wo du den Luftballon ranhältst, eine positive Ladung. Wie du weißt, ziehen sich Gegensätze an. So ist es auch mit der positiven und negativen Ladung. Je näher du den Luftballon an die Haare hältst, desto stärker ziehen er und die Haare sich gegenseitig an. Je weiter du den Luftballon weg von deinem Kopf hältst, desto weniger stark ist die Anziehungskraft.

Joachim Herz Stiftung
Abb. 2 Atommodell

Ähnlich verhält es sich mit der Elektronegativität bei den Atomen. Der positiv geladene Kern und die darum liegenden negativ geladenen Elektronen ziehen sich gegenseitig an (Abb. 2). Je weiter die Elektronen von dem Kern entfernt sind, desto weniger stark ist diese Anziehungskraft.
Bei der Elektronegativität betrachten wir die äußeren Elektronen eines Atoms und beschreiben mit einem Wert, wie stark diese Elektronen von dem Kern angezogen sind.

Elektronegativität im Periodensystem

Wie du bereits erfahren hast, kannst du mithilfe des Aufbaus des Periodensystems einige Phänomene erklären. Die Atome aller Elemente des Periodensystems sind aus einem positiv geladenen Kern (bestehend aus Protonen und Neutronen) und negativ geladenen Elektronen darum aufgebaut. Mit steigender Ordnungszahl nimmt die Anzahl der Protonen und Elektronen im Atom zu. Außerdem steigt die Anzahl der Neutronen. Du kannst dir bestimmt vorstellen, dass wenn fortlaufend Protonen, Neutronen und Elektronen hinzukommen, die Größe eines Atoms (Atomradius) im Periodensystem mit steigender Ordnungszahl zunimmt (Abb. 2). So ganz gleichmäßig ist es dann aber auch wiederum nicht. Schau mal ganz genau hin. Der Atomradius wird mit steigender Periode (Zeile im Periodensystem) größer und nimmt von links nach rechts ab. Das hat etwas damit zu tun, dass die Kernladungszahl (positive Ladung des Kerns) von links nach rechts zunimmt. Denk an die Anziehung von positivem Kern und den negativen Elektronen. Je stärker die positive Ladung im Kern ist, desto stärker werden die Elektronen darum angezogen. Die Elektronen befinden sich dann näher am Kern.

Johannes Schneider, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Abb. 3 Atomradien im Periodensystem

Welches Element hat im Periodensystem wohl die kleinste und welches hat die größte Elektronegativität? Francium (\(\ce{Fr}\)) hat den größten Atomradius und hat tatsächlich auch die kleinste Elektronegativität (Abb. 3). Das heißt, dass bei Francium die äußeren Elektronen nur schwach vom Atomkern angezogen werden.

Wasserstoff (H) sieht am kleinsten aus und müsste daher die äußeren Elektronen am stärksten anziehen. Das ist aber nicht so. Ein Helium-Atom (\(\ce{He}\)) hat nur ein Elektron mehr als ein Wasserstoff-Atom und könnte dann die zweitgrößte Elektronegativität haben. Beides ist allerdings nicht der Fall. Fluor (\(\ce{F}\)) hat die größte Elektronegativität im Periodensystem. Und das hat mehrere Gründe. Erst einmal hat der Wissenschaftler Linus Pauling als erster die Elektronegativität eingeführt und die Richtwerte für Fluor \(\ce{cF=4,00}\) und Wasserstoff \(\ce{cH=2,10}\) festgelegt. Diese Werte hat er durch das Bindungsverhalten dieser Elemente experimentell ermittelt. Zum anderen kann für die Edelgase in der 8. Hauptgruppe eigentlich keine Elektronegativität berechnet werden, weil diese hauptsächlich elementar vorkommen und nur sehr selten Verbindungen eingehen. Mehr zur Berechnung der Elektronegativität und dem Zusammenhang mit dem Bindungsverhalten der Elemente erfährst du gleich.

Insgesamt findest du links unten im Periodensystem die kleinste und rechts oben die größte Elektronegativität.

Elektronegativität in Bindungen

Die Elektronegativität ist das Ergebnis einer Rechnung, in der unterschiedliche Größen (z.B. Kernladung, Atomradius, Elementarladung, Elektronenaffinität) berücksichtigt werden. Es gibt sogar unterschiedliche Rechnungen von verschiedenen Wissenschaftlern. Von Linus Pauling hast du eben schon gehört. Von Albert L. Allred und Eugene G Rochow stammen die Werte aus Abbildung 4. Insgesamt kommen die Wissenschaftler mit ihren unterschiedlichen Rechnungen auf ungefähr die gleichen Werte für die Elektronegativität der Elemente, obwohl sie andere Herangehensweisen haben. Ziel von allen ist aber, mit einer Zahl auszudrücken, wie stark die Atome in einer Verbindung die Bindungselektronen an sich ziehen.

Abb. 4. Allred-Rochow-Werte im Periodensystem

Was also diese Rechnungen gemeinsam haben, ist, dass mit ihnen die Atome in einer Verbindung betrachtet werden. An einer Verbindung zweier Atome sind die äußeren Elektronen eines Atoms beteiligt. Deswegen werden die äußeren Elektronen auch Bindungselektronen genannt. Bei der Berechnung der Elektronegativität geht es darum, wie stark der positiv geladene Atomkern die negativ geladenen Bindungselektronen von sich selbst und dem anderen Atom anzieht. Dieses Verhalten kannst du dir wie beim Tauziehen vorstellen, wo zwei Leute entweder gleich oder unterschiedlich stark das Seil zu sich ziehen.

Mehr zu diesem Thema findest du im Kapitel Elektronegativität und Polarität.

Abb. 5 Was ist Elektronegativität? I musstewissen Chemie